Angesichts der segensreichen Tätigkeit von Laurens van den Acker lohnt es sich, kurz zurückzublicken. Renault, mit den guten Genen eines R4 oder R5 ausgestattet und die ein wenig aus den Augen verlierend, entschloss sich, einen Schuhkarton auf Rädern zu bauen. Den nannten sie Modus. Er hatte den Charme des Kindchenschemas, zog auf kleiner Fläche praktische Saiten auf, hatte smarte Ideen wie einen Handtaschenhalter im Beifahrersitz oder eine Klappe in der Heckklappe und war so mittelgut verarbeitet. Sexy war er nicht. Dann zeichnete sich die SUV-Welle ab. Renault stellte den knuffigen Modus ein und ersetzte ihn durch den Captur.
Redakteur in der Wirtschaft, zuständig für „Technik und Motor“.
Und obwohl es noch immer Kunden gibt, die dem Modus nachtrauern, ist die Erfolgsgeschichte amtlich. Mehr als 1,2 Millionen Einheiten sind seit 2013 verkauft worden. Am Anfang mit trüben Scheinwerfern und tristem Kunststoff auf eine Kundschaft an der Basis ausgerichtet, hat er sich mit anschmiegender Form, Zweifarblackierung und Personalisierungsmöglichkeiten zum gefragten Alltagsbegleiter gemausert. In zweiter Generation war nun ein größerer Schritt fällig. Die frisch entwickelte Plattform, auf der auch Renault Clio und Nissan Juke aufbauen, ist zu 85 Prozent neu. Und Designchef van den Acker durfte seine Linie sichtbar durchziehen.
Auf das als Erkennungszeichen an der Front eingeführte beleuchtete C am Scheinwerfer hat er natürlich nicht verzichtet, aber am Captur ist es kleiner geworden und damit stilsicherer als sein peinlich überzogenes Pendant am Mé- gane. Der Knick an der C-Säule wurde kupiert, die Muskeln sind gespannt, der Luft ist Angriffsfläche genommen, das ganze Auto steht moderner und entschlossener da. Die scharf geführten Rücklichter schließen passend ab. Der Charakter ist damit ein gänzlich anderer. Die feminin-sanfte Gestalt weicht einer maskulin-kantigen Linie, 4,23 Meter Länge sind elf erwachsene Zentimeter mehr als bisher. Eine mögliche Verschiebung der Interessenten nehmen die Franzosen in Kauf. Und offenbar auch die Nachteile der feschen Gestalt, denn die Übersichtlichkeit hat gelitten. Hinten und schräg hinten lassen sich Hindernisse oder Personen nur erahnen, die Rückfahrkamera darf nicht fehlen. Keine Kamera der Welt kann freilich den Blick nach schräg vorn ersetzen, wo ein Bermudadreieck aus großem Innenspiegelgehäuse, aufragendem Bildschirm und massiver A-Säule ganze Radfahrer und halbe Schulklassen schluckt. Der eingeschränkte Blick nach draußen ist leider allerorten eine Unsitte geworden, die der Sicherheit abträglich ist. LED-Scheinwerfer sind serienmäßig, das wiederum ist ein lobenswerter Trumpf.
Digitales Cockpit gut ablesbar
Der Innenraum macht einen Sprung in eine neue Zeit, die mit digitalen Instrumenten, großem Bildschirm, schwebender Mittelkonsole, feineren Oberflächen und adretteren Schaltern deutlich angenehmer ist. Klare Anzeigen liefert der optionale, senkrecht stehende Touchscreen. Serienmäßig sind analoge Instrumente an Bord. Die höchste Ausstattungslinie des Testwagens bietet ein digitales Cockpit mit gut ablesbaren Informationen in der Mitte, die Hinweise am Rand wie etwa die Tankanzeige dürften gern etwas sichtbarer sein. Am schicken Lenkrad tummeln sich jede Menge Tasten, und wie gehabt ragt dahinter der Satellit zur Radiobedienung hervor. Der war früher mal besser zu bedienen, irgendwie wurden die Tasten geändert, man gewöhnt sich daran. Das gilt auch für den Knauf zur Bedienung der Automatik, der sich elegant in die Mittelkonsole einfügt. Allerdings erwies sich die Elektronik darunter als renitent, bisweilen mussten wir den Befehl mehrfach erteilen, bis der gewünschte Gang eingelegt war.
July 02, 2020 at 07:41PM
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Autos zum Erleben - F.A.Z. - Frankfurter Allgemeine Zeitung
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